Samstag, 16. Oktober 2010

Die Quergestreifte und die andere Dicke kommen vom Klo zurück. Das Glas ist halb --- ist halb gefüllt. Der Kopf halbleer, sie halbvoll. Drei Kippen und zwei Bier später ist sie dann richtig voll und das ist doch schon mal eine ganz gute Grundlage. Jetzt geht die Kleine zum Klo und es wird irgendwie heller im Raum. Hat aber wahrscheinlich nicht direkt was miteinander zu tun. Am Nebentisch hustet’s aus dem Bierglas. Die schwarzen Kacheln am Tresen reflektieren das Licht der genau über ihnen hängenden Lampen über den Umweg der spiegelnden Fensterscheiben.

Stefan Eichhörnchen hat das sehr gut beobachtet, findet er. Er trägt das rotkarierte Hemd in die hochabschließende schwarze Hose reingesteckt. Auf dem krummnasigen Kopf hat er so eine Art Frisur. Sie scheint eine Parodie auf Dieter Thomas Kuhn sein zu wollen. Schönes, dünnes Haar.

Leere Blicke durchkreuzen den Raum. Schwarze Kacheln auch an der anderen Seite, keine Spiegelung dort. Drei mal vier macht neun. Nein, drei mal Bier - macht neun. Männer umarmen sich, im hinteren Raum wird Theater gespielt. Die beiden Dicken, die Kleine und ihre zwei Freundinnen, von den er eine zu kennen glaubt, unterhalten sich angeregt, wie man so sagt. Fetzen dringen durch den Rauch zu ihm herüber. „… mir … tun die … hupen … tierisch weh …“ N‘importe quoi. Das Mädchen, das ihm so bekannt vorkam, ist plötzlich verschwunden.

Die Musik ist noch an, alle sitzen, aber ein Stuhl ist noch frei. So funktioniert das Spiel nicht, denkt Stefan Eichhörnchen und schaut sich im Raum um. Sie steht in der Klotür, lächelt ihn an und ist es nicht. Als sie an seinem Tisch vorbeigeht, findet er, dass sie für ihr Alter recht tiefsitzende Brüste trägt und fragt sich, ob sie es ist, der die Hupen schmerzen. Ihr Freund kommt dazu. Er trägt einen Rucksack mit einer großen Wasserflasche im Außennetz und eine Outdoor-Jacke. Sternzeichen Wandersmann.

Warum eigentlich Outdoor-Jacke? Ist nicht jede Jacke für draußen, also da, wo es kalt und jackentauglich ist? Nachdem sein Nachbar in kürzester Zeit drei große Bier runtergestürzt und bezahlt hat, nimmt er noch ein kleines auf die Hand. Er nimmt seine schwarze Lederjacke von der Stuhllehne, trinkt das Bier auf dem Weg zur Tür, stellt das leere Glas auf den letzten Tisch und geht outdoor.

Ein Junge mit roter Mütze und roten Schuhen betritt den Raum. Seine Hose ist eine echte „Hochwasser“, was man fast übersehen könnte, wenn er sie nicht mit weißen Socken dezent in Szene setzte. Was hat denn das alles mit Theater zu tun, wenn niemand einen Schal trägt? Ist es etwa so weit, daß Rauchen allein zur Hochkultur taugt?

Jetzt kommt der Typ von der Band, der, der so englisch aussieht wie nur möglich, aus der Toilettentür, obwohl er da innerhalb der letzten Stunde nicht reingegangen ist. Der arme Kerl… Er nimmt eine Flasche Bier und geht nach draußen, ohne Jacke. Immer mehr Leute strömen aus dem Theaterraum, sogar der Bühnenbildner. Stefan Eichhörnchen kennt ihn eigentlich als Kellner aus dem „Kapitän“. Oder aus dem „Busfahrer“? So langsam scheint ihn der Rauch auch einzulullen.

Wo bleiben die beiden denn? Sie müssen da sein, er kann ihr Fahrrad, also eigentlich sein Fahrrad, das er ihr geliehen hatte, auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkennen. Kein Zweifel: Sie sind hier. Im Nebenraum. So nah und doch so fern. Solar und doch so fun. So star und doch so Stern. Zola, Gynt, Bach, Poe, Sterne.

3 Kommentare:

  1. Und da war er wieder, unser Dieter Thomas Kuhn. Toll. Und zum Thema Outdoorjacken bin ich ganz und gar d'accord. So nach dem Motto: suche Sekretärin mit Outdoorjacke und Louise Vitton Uhr! Ticktackto.

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  2. dr. Rainer text, Till Later, Nick Tamer und Larry Ferry wissen ganz genau, worum es hier geht. und sie alle kämpfen darum der 1000. besucher dieser seite zu sein. taschaka, das schafft ihr!

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  3. ich bin der 1002teste besucher! dommage...

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