Die Kellerbar ist die Umkleide, alle TänzerInnen
in einer, egal, welchen Alters. Ich mit einer Zeitung am Tresen. Das
Musikexpress-Sonderheft mit den besten Interviews aller Zeiten. Oder viel mehr:
mit den langweiligsten Interviews seit langem. Ein langweiliges Interview mit
Frank Zappa, ein langweiliges Interview mit David Bowie, ein langweiliges
Interview mit Tom Waits und eins mit Björk, das reicht, ganz starke Leistung.
Links und rechts von mir nackte und halbnackte Menschen, Tunnelblick. Dann an
einen Tisch gemogelt, mit Kamera und Notizblock. Das war’s aber auch schon an
Vorbereitungen. Die Band spielt „Don’t be cruel“ und eine große Cola landet auf
meinem Tisch. Ein guter Abend könnte das werden.
Als wir im Schützenhaus ankommen, tanzen
noch die Senioren durch den Saal und obwohl das keine wirklich alten Menschen
sind (um die fünfzig, schätze ich), sagt sie zu mir: „Halt mich bitte davon ab,
sowas mal zu machen.“ Weil die Umkleide auf der anderen Seite des Saals ist,
warten wir im Foyer, wo es Tanzschuhe und –röcke, Bräunungscreme und ähnliches
zu kaufen gibt. Er lässt sich ein Paar Schuhe zeigen.
Der Saal ist genau so schön, wie es das
Gebäude von außen vermuten ließ, schönes Parkett, moderne Kronleuchter, die
nicht scheiße aussehen, was ja schon mal viel wert ist. Die Band: klassische
Viererbesetzung, Gitarre, Bass, Gesang (die einzige Frau, rotes Glitzerkleid)
und Keyboard, aus dem auch das Schlagzeug kommt. Bumms. Der angekündigte Drei-Haselnüsse-für-Aschenbrödel-Walzer
fegt die Fläche leer. Aber es erscheinen auch einige neue TänzerInnen auf dem
Dancefloor. Die bekannte wie schöne Melodie wird mit einem furchtbaren
Schlagertext versehen. „Küss mich, halt mich, lieb mich – in der Reihenfolge!“
Von der Sängerin angekündigt, folgt eine Samba. Die Leute hier wissen alle,
dass es die und nicht der Samba ist.
Der Bassist schnappt sich eine Posaune,
die Sängerin ein Saxophon, Wahnsinn! Die haben’s echt drauf. Der
Keyboarder saxophoniert auch noch – und wenn nicht, singt er sogar und ich
bekomme mein bestelltes Würzfleisch. Es kann losgehen.
Nach der ersten Turnierrunde ist die
Band wieder da, gleich mit einem Jive. Bläsereinsatz! Auf dem Klo kleben
RWE-Sticker, die Jury trifft sich am Waschbecken. Draußen derweil:
Schalalalalalalala Amarillo.
Bei der Verkündung der Ergebnisse
gelernt: fünfmal Platz 6 macht Platz 6 (Punktlandung geht vor Strichlandung). Dann
wieder die Band, mit einem relativ neuen Lied, nuller Jahre, glaube ich. Nicht
schlecht. Tatsächlich: Sunrise Avenue gleich hinterher. Irgendwoher kommt jetzt
sogar Nebel. Muss einfach mal sein, so
dann und wann, keine Gedanken mehr, nur die Nebelmaschine an. Und jetzt
auch noch Strobo, ich werd bekloppt. Strooooo-bo!
Und vom Strobo direkt zu Ratatata – Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen.
Das ist es, was der Franzose einen bunten Strauß an Melodien nennt. Ich wippe
mit dem Fuß, wer hätte das gedacht.
Jetzt eine Ansage der Sängerin: „Die
beiden aus dem vorigen Lied (zur Erinnerung: „Im Wagen vor mir, Pferd, ein junges
Mädchen“) haben sich ja nicht bekommen, jetzt kommt also noch ein richtiges
Liebeslied, denn man sieht sich ja immer zweimal im Leben!“ Sagt es und stimmt „Killing
me softly an“. Respekt für diese Überleitung.
Im Übrigen stehen die Boxen der Anlage
auf buchefarbenen Küchentischen mit auf der Bühne. Mit weißer Tischdecke.
Ehrensache.
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